1. April 2017

Offener Brief der Autonomen Schule Zürich an Nekane

Liebe Nekane,

Wir von der Autonomen Schule Zürich schicken dir unsere warmen Grüsse in das kalte Gefängnis. Vielleicht hast du schon mal von uns gehört, vielleicht auch nicht. Wir sind ein selbstorganisiertes Bildungsprojekt, in dem Menschen mit und ohne Aufenthaltspapiere zusammen lernen, arbeiten und Politik machen. Viele von uns mussten aus ihren Heimatländern fliehen und haben nach der Flucht die Schweizer Gefängnisse kennengelernt. Der Schweizer Staat hat viele der Länder, aus denen wir geflohen sind, zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Ausschaffungen in diese «sicheren Herkunftsländer» sind daher auch bei uns eine ständige Bedrohung.

Mit Bestürzung und Empörung haben wir von der Entscheidung des Bundesamtes für Justiz Kenntnis genommen, den Rekurs gegen deine Auslieferung an den Folterstaat Spanien abzuweisen. Die Begründung, die Folter sei nicht glaubwürdig dargelegt worden, ist purer Zynismus. Der Schweizer Staat braucht offensichtlich das Geständnis der Folterer, dass sie gefoltert haben, um Folter anzuerkennen. Dies ist eine traurige Bestätigung der Verhältnisse, gegen die wir, du und viele mehr, jeden Tag, mit jedem Atemzug ankämpfen.

Dass menschenfeindliche Verständnis staatlicher Behörden sehen wir auch jeden Tag im Umgang mit Geflüchteten hier im Kanton Zürich. Im Moment zeigt es sich im Besonderen bei den unter dem Nothilfediktat Lebenden in den Notunterkünften: Durch Stigmatisierung, Eingrenzung auf die Gemeinde der Unterkunft, Anwesenheitszwang und Verschlechterung der Lebensumstände auf das absolute Überlebensminimum werden die Geflüchteten rechtlich illegalisiert. Sie sollen von ihrem sozialen Umfeld getrennt werden, physisch unsichtbar, und zu Objekten staatlichen Handelns gemacht werden. Das kann als Vorstufe einer physischen Vernichtung gesehen werden, wie sie an den EU-Aussengrenzen zum akzeptierten Normalzustand geworden ist.

Dabei sind auch Schweizer Staat und Wirtschaft mitbeteiligt an Krieg und Ausbeutung weltweit, und damit mitverantwortlich, wenn Menschen ihre Länder verlassen. Dem Versuch der Staaten kriminalisierte und illegalisierte Menschen zu isolieren, wegzusperren oder auszuschaffen werden wir unsere Solidarität entgegensetzten. Sei es durch Feuerwerk vor den Fenstern der Gefängnisse oder durch ein öffentliches Bekennen unserer Wut gegen die staatliche Entscheidungsmacht über unsere Leben; gemeinsam müssen und werden wir gegen deine Ausschaffung und das ganze System, welches so etwas hervorbringt, solidarisch ankämpfen. La lucha continua!