Unser Grundsatzpapier

Grundsatzpapier in einfacher Sprache



Die Prinzipien der Autonomen Schule Zürich

„Bildung kann niemals neutral sein. Entweder ist sie ein Instrument zur Befreiung des Menschen, oder sie ist ein Instrument seiner Domestizierung, seiner Abrichtung für die Unterdrückung.“ - Paulo Freire

Wir, die Autonome Schule Zürich (ASZ) und der Verein „Bildung für Alle“ (BfA), sind ein selbstverwaltetes Bildungsprojekt, welches sich aus Menschen mit oder ohne Aufenthaltsbuchstaben[1], zusammensetzt. Wir haben unterschiedliche Hintergründe und Ideologien, haben uns aber auf folgende gemeinsame Prinzipien geeinigt. Dieses Papier ist das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, der nicht abgeschlossen ist.

Ein menschenwürdiges Leben für alle!

Wir stellen uns gegen bestehende politische, soziale und wirtschaftliche Herrschaftsstrukturen. Wir wollen eine Gesellschaft, die allen Menschen – unabhängig von ihrer sozialen und geografischen Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Religion und ihrer sexuellen Orientierung – ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Als Teil der Bleiberechtbewegung kämpfen wir für globale Bewegungsfreiheit für alle, eine Welt ohne Grenzen.

Emanzipation statt Integration!

Die ASZ ist ein emanzipatorisches Projekt. Das heisst für uns: Wir wollen ein selbständiges und kritisches Denken und Handeln entwickeln. In kollektiver Arbeit setzen wir uns  praktisch und theoretisch mit allen Formen der Unterdrückung, Ausgrenzung und Diskriminierung auseinander.

Den Begriff der Integration im Sinne einer einseitigen Anpassung lehnen wir ab. Es geht uns nicht darum, Menschen zur Übernahme der in einem Land bestehenden Kultur und Sprache zu bringen – sondern darum, den Austausch und das Verständnis unter allen Menschen zu ermöglichen.

Gegenüber rein humanitären Projekten sind wir kritisch. Wir unterstützen den Grundgedanken der Solidarität, welcher solchen Projekten zugrunde liegt. Wir glauben aber, dass sie, wenn politische Kritik und Aktionen fehlen, letztlich die kapitalistischen Verhältnisse reproduzieren.

Ebenso kritisieren wir den Multikulturalismus. Er hat die Tendenz, jeden Menschen als Vertreter einer homogenen „nationalen“ Kultur zu sehen und verdeckt gesellschaftliche Machtverhältnisse. Auch wehren wir uns gegen jede Exotisierung des Fremden und ein Interesse an Menschen, welches sich nur auf Lebensstile wie Kleidung, Musik und Essen beschränkt.

Leben statt reden!

Durch die ASZ schaffen wir einen gewaltfreien Raum für Gemeinschaft und Wissensaustausch, welcher uns die Möglichkeit zur Selbstermächtigung, zum Ausdruck einer eigenen Stimme und von Kreativität geben soll. Wir wollen ein gesellschaftliches Ideal vorleben, in dem man sich mit Respekt begegnet und jeder Mensch frei atmen und ohne Rassismus, Sexismus, Diskriminierung und Konkurrenz leben kann.

Bildung zur Selbstbestimmung!

Bildung an der ASZ geht über das reine Erlernen eines Faches hinaus. Gemeinsam arbeiten wir an einem kritischen Verständnis politischer, wirtschaftlicher und sozialer Verhältnisse. Mit dem Ziel, diese Verhältnisse zu verändern und unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. In diesem Sinn sehen wir uns in der Tradition kritischer und emanzipatorischer Pädagogik.

Wir wollen mit einer partizipativen, dialogischen und handlungsorientierten Methode arbeiten. Wissen ist nicht Monopol der Moderierenden. Die Kurse sind Lernprozesse gleichermassen für Moderierende und Kursteilnehmende. Es wird bestrebt, die Unterscheidung zwischen Kursteilnehmenden und Moderierenden so weit wie möglich aufzuheben, sodass beide Rollen besetzt werden. Bildung an der ASZ ist hierarchiefrei. Zwar kann Wissen in einer Situation ungleich verteilt sein und auch die Funktionen können sich unterscheiden, aber wir begegnen uns auf Augenhöhe.

Selbstorganisiert, basisdemokratisch und partizipativ

Die ASZ ist offen für alle Menschen und Gruppen, die sich am Projekt beteiligen wollen, wenn ihre Aktivitäten im Einklang mit unseren Grundsätzen stehen. Wir organisieren uns basisdemokratisch und sind ein selbstorganisiertes, partizipatives Bildungsprojekt. Wir sehen uns als organisatorisch unabhängigen Teil der Bleiberechtbewegung. Um übereinstimmende Forderungen und Ziele zu erreichen, suchen wir die Kooperation und Vernetzung mit anderen Organisationen.

Die ASZ ist politisch und organisatorisch unabhängig von den staatlichen Institutionen (Bund, Kantone, Gemeinden) und bekämpft jede repressive Migrationspolitik.

Wir betreiben keine Politik der Selbstabschottung, sondern bleiben stets kommunikativ und mit klaren Positionen.

Wir versuchen uns in der Öffentlichkeit als kritische Stimme über den Bereich der Verbündeten, die wir bereits auf unserer Seite wissen, hinaus Gehör zu verschaffen.

Um unsere Aktivitäten finanzieren zu können, akzeptieren wir finanzielle Unterstützung, solange wir unsere Unabhängigkeit bewahren können.

Zürich, Sommer 2012 (überarbeitet zuletzt im September 2016)

 

[1] Zu Aufenthaltsbuchstaben zählen wir alle Bezeichnungen der Ausweiskategorien (B, N, F etc.)